Künstler

Fazil Say

Klavier

Mit seiner aussergewöhnlichen pianistischen Fähigkeit berührt Fazıl Say seit fast 30 Jahren sein Publikum und Kritiker auf eine Weise, die selten geworden ist. Konzerte mit diesem Künstler sind besondere Erlebnisse – direkter, offener, spannender. Kurz gesagt: Sie gehen direkt ins Herz. Genau das muss der Komponist Aribert Reimann gemeint haben, als er 1986 während eines Besuchs in Ankara mehr oder weniger zufällig den damals 16-jährigen hörte. Er bat sofort seinen Begleiter, den amerikanischen Pianisten David Levine, ins Konservatorium der türkischen Hauptstadt zu kommen – mit den Worten, die seither oft zitiert wurden: „Du musst ihn hören, der Junge spielt wie ein Teufel.“

Fazıl Say erhielt seinen ersten Klavierunterricht von Mithat Fenmen, einem Pianisten, der in Paris bei Alfred Cortot studiert hatte. Fenmen – vielleicht ahnend, wie gross das Talent des Jungen war – liess seinen Schüler täglich zuerst über Alltagsthemen improvisieren, bevor er sich mit den notwendigen Klavierübungen und Studien beschäftigte. Diese Auseinandersetzung mit freien kreativen Prozessen und Formen legte den Grundstein für das enorme Improvisationstalent und die ästhetische Auffassung, die das Selbstverständnis von Fazıl Say als Pianist und Komponist prägen. Als Komponist erhielt Fazıl Say Aufträge von unter anderem dem Boston Symphony Orchestra, dem Orpheus Chamber Orchestra, der BBC, den Salzburger Festspielen, dem WDR, den Münchner Philharmonikern, dem Schleswig-Holstein Musik Festival, dem Wiener Konzerthaus, der Dresdner Philharmonie und der Fondation Louis Vuitton. Sein Œuvre umfasst sechs Sinfonien, zwei Oratorien, verschiedene Solokonzerte sowie zahlreiche Klavier- und Kammermusikwerke.

Seine pianistische Ausbildung verfeinerte Fazıl Say ab 1987 bei David Levine – zunächst an der Musikhochschule „Robert Schumann“ in Düsseldorf, später in Berlin. Zudem besuchte er regelmässig Meisterkurse bei Menahem Pressler. Seine herausragende Technik ermöglichte es ihm bald, die sogenannten „Schlachtrösser“ der Klavierliteratur mit erstaunlicher Leichtigkeit zu meistern. Gerade diese Mischung aus Feinsinn in Haydn, Bach und Mozart sowie virtuoser Brillanz in den Werken von Liszt, Mussorgski oder Beethoven führte schliesslich 1994 zu seinem Sieg beim Internationalen „Young Concert Artists“-Wettbewerb in New York. Seither trat Fazıl Say mit allen renommierten amerikanischen und europäischen Orchestern und zahlreichen grossen Dirigenten auf und entwickelte ein vielseitiges Repertoire – von Johann Sebastian Bach über die „Klassiker“ Haydn, Mozart und Beethoven bis hin zu romantischer und zeitgenössischer Musik, einschliesslich seiner eigenen Kompositionen für Klavier.

Seitdem hat Fazıl Say in zahlreichen Ländern auf allen fünf Kontinenten gastiert; die französische Zeitung „Le Figaro“ beschrieb ihn als „Genie“. Dabei trat er auch immer wieder als Kammermusiker auf – etwa über Jahre hinweg in einem fantastischen Duo mit der Geigerin Patricia Kopatchinskaja. Weitere prominente Partner waren unter anderem Maxim Vengerov, das Minetti Quartett, das Modigliani Quartett, Nicolas Altstaedt und Marianne Crebassa.

Zahlreiche Konzerthäuser, Orchester und Festivals luden Fazıl Say in den vergangenen Jahrzehnten als Artist in Residence ein oder widmeten ihm Porträts und Fokuswochen. Dazu gehörten unter anderem das Konzerthaus Dortmund, das Konzerthaus Berlin, die Alte Oper Frankfurt, das Wiener Konzerthaus, das Tonhalle-Orchester Zürich, das hr-Sinfonieorchester Frankfurt, das Zürcher Kammerorchester, die Dresdner Philharmonie, die Camerata Salzburg, das Schleswig-Holstein Musik Festival, das Rheingau Musik Festival, die Ludwigsburger Schlossfestspiele, das Bodenseefestival und das Festival der Nationen. Weitere Porträts wurden in Paris, Tokio, Meran, Hamburg und in Says Heimatstadt Istanbul präsentiert. In der Saison 2023/24 war er Spotlight Artist im Concertgebouw Amsterdam, Composer in Focus beim GAIDA Festival in Vilnius, und der Hessische Rundfunk widmete ihm im Dezember 2023 eine Porträtwoche.

2013 erhielt Fazıl Say den Rheingau Musik Preis, im Dezember 2016 folgte der Internationale Beethovenpreis für Menschenrechte, Frieden, Freiheit, Armutsbekämpfung und Inklusion in Bonn. Im Herbst 2017 wurde ihm der Musikpreis der Stadt Duisburg verliehen.

Fazıl Says Einspielungen von Werken von Bach, Mozart, Gershwin und Strawinsky bei Teldec Classics sowie von Mussorgski, Beethoven und seinen eigenen Werken bei naïve wurden von der Kritik hochgelobt und mit mehreren Preisen ausgezeichnet, darunter drei ECHO KLASSIK-Preise. 2014 erschienen seine Einspielungen von Beethovens Werken – das Klavierkonzert Nr. 3 mit dem hr-Sinfonieorchester Frankfurt unter Gianandrea Noseda, die Sonate op. 111 und die „Mondscheinsonate“ – sowie das Album „Say plays Say“ mit ausschliesslich eigenen Werken. Im Herbst 2016 veröffentlichte Warner Classics die Gesamteinspielung der Mozart-Sonaten, für die Fazıl Say 2017 seinen vierten ECHO KLASSIK erhielt. 2017 nahm er zusammen mit Nicolas Altstaedt das Album „4 Cities“ auf. Im Herbst 2017 veröffentlichte Warner Classics die Alben „Nocturnes“ sowie „Secrets“ mit Marianne Crebassa, das 2018 den Gramophone Classical Music Award gewann. Sein 2018 erschienenes Album widmete er Debussy. Im Januar 2020 erschien bei Warner Classics seine Einspielung aller Beethoven-Klaviersonaten, im November 2022 folgte Bachs „Goldberg-Variationen“. Im Januar 2023 veröffentlichte Fazıl Say gemeinsam mit Patricia Kopatchinskaja eine Aufnahme mit Sonaten von Bartók, Janáček und Brahms (Alpha). Seine eigenen Werke nimmt er weiterhin unter seinem Label ACM auf.